Raj
Seit fünf Jahren gibt es das Ganesh Disable New Life Center und seitdem geben wir Raum für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die aufgrund ihrer Behinderung nicht von ihren Eltern versorgt werden können.
Jedes Kind kommt mit seiner eigenen Geschichte, seinem Schicksal. Und jedes Mal berühren uns diese Geschichten.
So auch das Schicksal von Raj.
Raj besuchten wir das erste Mal im Februar 2014. Gemeinsam mit seiner Mutter und seinem kleinen Bruder lebte er in einem kleinen Slum nahe der buddhistischen Stupa von Bodnath im Kathmandutal. Der Vater hatte kurz nach der Geburt des kleinen Bruders die Familie verlassen und sich auch finanziell nicht mehr um seine Kinder und Frau gekümmert. Die Mutter von Raj arbeitete bei zwei Familien als Haushaltshilfe, verdiente insgesamt 30 Euro pro Monat, was selbst in Nepal nicht zum Leben ausreicht.
Raj ist durch den Sauerstoffmangel während seiner Geburt halbseitig beeinträchtigt. Er konnte weder laufen, noch Dinge mit seiner rechten Hand greifen. Beim Krabbeln zog er die Beine hinter sich her, dadurch entstand die Hornhaut auf den Füßen, wie Ihr sie auf dem Foto sehen könnt.
Nur durch den Blitz der Kamera konnten wir überhaupt etwas erkennen. Es war stockduster und es gab kein Fenster. In diesem Raum wurde auch auf offener Flamme gekocht.
Der kleine Bruder von Raj wurde jeden Morgen in den nahegelegenen Kindergarten gebracht, aber Raj musste zuhause bleiben. Keine Schule hätte ihn aufgenommen. Jeden Morgen sperrte seine Mutter ihn in die Toilette. Einmal, damit er sich nicht in dem Zimmer verletzt, aber auch, damit die Nachbarkinder ihn nicht ärgern.
Als wir Raj erzählten, dass wir ein Heim eröffnen, um Kindern wie ihm zu helfen, wollte er sofort mit uns kommen.
Er musste noch zwei Wochen warten, bis wir alle Genehmigungen von den nepalesischen Behörden hatten.
Am 18. März 2014 war es dann soweit. Raj wurde von seiner Mutter nach Simaltar gebracht, in diesem Vorort hatten wir zunächst eine kleine Wohnung angemietet.
Die ersten zwei Wochen war es nicht einfach für Raj, getrennt von seiner Mutter zu sein. Und so telefonierten sie jeden Abend miteinander und manchmal kam sie zu Besuch. Aber nach zwei Wochen hatte er sich richtig gut eingelebt und genoss die Zeit mit seinem neuen Bruder Ranjit.
Die Fortschritte von Raj in den letzten fünf Jahren ist einfach enorm. So spricht er nicht nur Nepali sondern auch Englisch, kann inzwischen eigenständig laufen, obwohl die rechte Seite immer noch schwächer ist.
Durch die Volontäre, die immer wieder für ein paar Wochen im Kinderheim mitarbeiten, hat er seinen Spass am Puzzlen entdeckt, spielt das Kartenspiel UNO wie ein Profi und schummelt gerne, um die Runde UNO zu gewinnen:)
Für uns alle bewundernswert aber ist seine musikalische Begabung. Schon von Beginn an liebte er es, Musik zu machen und auf leeren Dosen zu trommeln.
Vor einem Jahr hat sich dann sein großer Traum erfüllt, die Reisegruppe, die im März 2018 vor Ort war, kaufte ihm ein Schlagzeug!
Nun spielt er an den Nachmittagen auf dem Schlagzeug, gemeinsam mit Jiten, dem Hausvater, der Gitarre spielt und dazu singt.
Was für ein Fortschritt!